Wesel. In der Gesamtschule Am Lauerhaas zeigt Paul Glaser die Geschichte seiner jüdischen Tante im Holocaust. Schüler führen durch die Ausstellung.
Die Gesamtschule am Lauerhaas in Wesel lädt zu einer besonderen Ausstellung ein: „Dansen met de vijand - Die Tänzerin von Auschwitz“ erzählt die Geschichte der jüdischen Niederländerin Roosje Glaser. Durch den Verrat ihres eigenen Mannes wurde sie als Jüdin entlarvt und überlebte während des Zweiten Weltkriegs durch das Tanzen mehrere Konzentrationslager. Ihre einmalige Geschichte wurde von ihrem Neffen Paul Glaser aufgearbeitet und unter anderem in dieser Ausstellung festgehalten.
Seit zehn Jahren besucht Paul Glaser die Gesamtschule am Lauerhaas. Hendrik Heinze, Lehrer für Niederländisch und Geschichte, knüpfte den Kontakt. Seitdem haben sich viele Projekte zwischen Glaser und der Gesamtschule ergeben, die die Erinnerungskultur aufrechterhalten. Von Infoabenden für Eltern und Interessierte über digitale Schüleraustausche bis zu einem Theaterstück über Roosje, im Deutschen Rosie. Nun wird vom 10. März bis zum 8. Mai im Aulagebäude eine Ausstellung gezeigt, die ihr ereignisreiches Leben erzählt. Für Glaser blieb die Lebensgeschichte seiner Tante lange verborgen, erst im Erwachsenenalter erfuhr er von der jüdischen Abstammung seiner Vorfahren.
Jüdisches Familienschicksal blieb lange geheim
Mit 35 Jahren ergab sich für Glaser die erste Spur, dass sein Vater und Roosje Juden sein könnten. Die Idee kam ihm über einen österreichischen Kollegen. Da er seine Eltern nicht direkt danach fragen wollte, zog er seine Großmutter zu Rate, welche ihm schließlich Antwort gab. „Vati, ich weiß, dass du Jude bist“, habe Glaser damals zu seinem Vater gesagt. Der Vater sei regungslos verharrt, antwortete erst, als Paul Glaser schon fast zur Tür raus war. „Halte es geheim, früher oder später wird es gegen dich verwendet werden“, seien damals seine einzigen Worte gewesen.
Glaser ließ die Sache zunächst ruhen, sein Leben entwickelte sich weiter und die Familiengeschichte geriet vorerst ins Hintertreffen. Bis zu einer Tagung in Krakau. Die Tagungsmitglieder hatten noch nichts von der Stadt gesehen, mit einem Touristenbus fuhren sie schließlich auch nach Auschwitz und besichtigten die Anlage. In einer der Baracken waren Koffer aufgestapelt. In der Mitte ein großer brauner mit der Aufschrift: Glaser, Holland. Daraufhin beschloss Paul Glaser, den Rat seines Vaters zu ignorieren und die Familiengeschichte aufzuarbeiten.
Die Ausstellung porträtiert das Bild einer Frau, die zeigte, „was es bedeutet, einen starken Charakter zu entwickeln, autonom und treu zu sich selbst zu sein“, sagt der Niederländer in seinem Vortrag. Sie zeigt Fotos von Roosje und ihrer Familie, Briefe und Infotexte zu den Meilensteinen ihres Lebens auf Deutsch und niederländisch. Man fühlt sich zurückversetzt in vergangene Zeiten. Alte Theaterstühle stehen vor einem gerahmten Bildschirm, der Tanzende zeigt, in der Ecke ein Grammophon, ein Klavier und in der Mitte des Raumes ein riesiges Foto der strahlenden Roosje. Auf Bannern an den Wänden werden Situationen ihres Lebens dargestellt, darunter die Frage: Wie verhältst du dich? Es geht um Ausgrenzung, um Anfeindungen.
Schüler sollen zu Zweitzeugen werden
Die Jahrgangsstufe Q1 fungiert als Guide und soll Besucherinnen und Besucher oder andere Schüler durch die Ausstellung führen. Die Q2 entwickelt Quizfragen und eine Schnitzeljagd für ihre Mitschüler. „Die Schülerinnen und Schüler waren interessiert und erste Stimmen haben bereits gesagt, dass es den Unterricht anreichern wird“, resümiert Lehrer Hendrik Heinze.
Die Ausstellung in der Gesamtschule am Lauerhaas, Kirchturmstraße 3 in 46485 Wesel kann nach vorheriger Anmeldung auch von externen Interessenten besucht werden. Einzelbesucher und Schulklassen sind willkommen. Buchungen sind mittels des unten stehenden QR-Codes oder hier ab sofort möglich.
Quelle: nrz.de